| In Memoriam CHARLY DAVIDSON * 01. 12. 1957 † 28. 11. 2008 |
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Beitrag  Admin 2009-06-15, 13:01

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»Leider erst 1972 über die Zweigstelle Lauterborn der Stadtbücherei Offenbach erfuhr ich von "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band" von den Beatles. Zu desem Zeitpunkt besaß ich bereits die Beatles Single "It Won't Be Long" (B-Side: "Money") und "Do You Want To Know A Secret" und hatte mir alles mögliche der vier Liverpooler auf Kassette aufgenommen, angefangen bei "Revolver" über "Let It Be" bis zum "Yellow Submarine"-Soundtrack ... und nun das. Da gab es doch tatsächlich ein Beatles Album, das ich überhaupt nicht kannte: "Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band". Das änderte sch schnell und so sog ich kurz vor Weihnachten 1972 all das in mich auf, das fünf Jahre zuvor von den Beatles zum ersten Konzept-Album der Welt zusammengemixed worden war. Jeder weitere Kommentar wäre sinnlos: ANHÖREN! (... und wer es schon kennt: NOCHMAL ANHÖREN!!! ... meine Auslaufrille berichtete damlas übrigens: "Everybody Has A Work").«

(ChD erzählte dies Rainer W. Sauer 2001 in den Interviews zu seiner Biografie "Mit mir war alles anders")

Das folgende Essay schrieb ChD 1993 anlässlich des Silber-Jubiläums des "Weißen Beatles Albums", von dem Charly nicht weniger als 31 Exemplare besaß, darunter die berühmte Nummer 5, die er 2008 versteigern lies (siehe auch http://spiritofgermany.blogspot.com/2008/11/dienstag-der-25-november-2008.html):


»All right ... all right ... all right ... all right ... all right ...“, grölt Boggi den Polizisten entgegen. Keine Ahnung warum, aber so, wie er das über die Barrikade schreit, klingt es gut: „Don't you know it's gonna be ... all right ... all right ... all right!". Es ist Ende 1978 und wir demonstrieren in Frankfurt am Main vor einer Druckerei, um die Auslieferung der BILD-Zeitung zu verhindern, die wieder einmal tendentiell falsch über Hausbesetzer in Bockenheim geschrieben hatte oder schreiben wollte. Boggi und Bockenheim, das passt, und Boggi ist vielleicht deshalb der Lauteste und Verrückteste von uns. Wir, das sind die Mitglieder der Politrockband FLIESSBAND. Von der Demo hatten wir im selbstverwalteten Fechenheimer JuZ erfahren und so wir standen nun dort mit vielen Anderen vor der Ausfahrt, allerlei Sperrmüllgerümpel lag herum und ein Bauwagen von einer nahen Baustelle wurde hin und her geschaukelt. „All right ... all right ... all right ... all right ... all right ...“, singt unser Bassist Boggi in Richtung Polizisten.

Es sind Textbrocken aus dem Beatles-Song „Revolution“ - warum als Schlachtruf, das weiß Boggi wohl selbst nicht so genau in dieser Absurdität einer Demo mit Happening-Charakter zehn Jahre nach 1968. Als berittene Polizei in die Menge galoppiert, stürmt die in Panik auseinander. Unsere Karriere als Hobby-Revolutionäre war damit gleich wieder beendet, die geballte Faust in der Hosentasche blieb bei mir allerdings zurück. Und die akustische Erinnerung an jene wilden Demo-Tage, wobei in meinem Kopf kein einziger Satz der damaligen Prä-Grünen Bewegung aus 'Anti-Atomkraft'-, 'Keine Starbahn West'- oder 'Rock gegen Strauß'-Bewegung hängen blieb - nur das Rückkopplungspfeifen der Megaphone und Boggis „All right“, entnommen einem Klangereignis, das ebenfalls zehn Jahre zuvor die Welt eroberte und veränderte, ein weißes Musikwunder von John, Paul, George und Ringo mit dem schlichten Titel "The Beatles". Mag sein, daß andere Bands oder Interpreten vor fünfundzwanzig Jahren, als ich anfing, mich bewusst für Musik zu interessieren, radikaler, pointierter, konsequenter waren: STEPPENWOLF, Hendrix, die STONES. Aber es waren aus meiner Sicht die BEATLES, die den Zeitgeist von 1968 musikalisch trafen und konservierten, wie sonst niemand.

Von Juni bis Oktober arbeiteten sie an den Songs ihres Doppelalbums, das - wie mir später meine BEATLES-Bibel von Hans Rombeck und Wolfgang Neumann verriert - am 22. November 1968 erschien und voller magischer Momente ist. Ausgerechnet an dem Tag, als sowjetische Panzer in der Tschechoslowakei einrollten (und ich mit meinen Eltern am Kahler See war), nahmen die Vier im Studio 2 der Abbey Road ihr witzig gemeintes „Back In The USSR“ auf. Bei Lennons sanfter „Revolution“ (der, die Boggi unters Volk schrie; nicht die hate der B-Seite von „Hey Jude“) schien es mir, als wenn Schiffe bei einer begeisterten Hafeneinfahrt ihre Nebelhörner klingen lassen würden; da war John Winston seiner Zeit schon zehn Jahre voraus. Mit allen Songs auf diesem Album verbinde ich etwas: in meinem ersten LiveImRadio-Date unterhielt ich mich 1977 mit Henning Vensks über (na klar!) einen Song aus dem weißen Album und zwar die „Piggies“. Ich erkärte den Menschen an den Radios, daß damit keine Tiere sondern Menschen gemeint seien. Damit nahm George seinem Macca auch nicht den tierischen Effekt des federleichtem „Blackbird singing in the Dead of Night“, was er auch nicht brauchte, da er sich ja kurz vor dem Ende von Seite 1 bereist etwas außerordentliches geleistet hatte: die erste Gitarre, die wirklich weinen konnte vorzustellen, und die dies - wie mir ebenfalls meine BEATLES-Bibel verriert - dank Eric Clapton auch wirklich tat.

Natürlich hatte ich 1968 bereits Album-Fragmente wie „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ und die „Lady Madonna“ bewusst gehört, genauso wie ich mich noch genau daran zurückerinnere, 1965 auf dem Schulweg aus dem Fenster eine Kneipe „Can’t Buy Me Love“ gehört zu haben. Und 1969 laß ich im STERN davon, daß Charles Milles Manson seine Massaker mit dem Hinweis auf den BEATLES Song „Helter Skelter“ begründet hatte. Aber das komplette Doppelalbum hörte ich erst 1973, also fünf Jahre später, als ich mir es aus der Stadtbücherei leihen konnte. Was war das für ein Erlebnis: Ich hörte zum allerersten Mal „Good Bye“ (das ich später selbst ins Deutsche gecovered habe), „Rocky Racoon“, „Bungalo Bill“, „Why Don't We Do It In The Road“, „Birthday“, „Cry Baby Cry“, plus all die anderen Songs, die ich schon genannt habe (oder die man unten noch einmal nachlesen kann) sowie ... noch immer bekomme ich Gänsehaut, wenn ich daran denke ... „Number Nine, Number Nine, Number Nine, Number Nine ...“. Immer leiser werdend, um dann wieder als Hintergrundklang aus dem Chaos eines absurden, experimentellen Musiktheaters anzuschwillen: „... Number Nine, Number Nine, Number Nine, Number Nine“. Das toppte damals locker meine bisherigen Highlights in dieser Richtung, nämlich Klangelebnisse aus der Zappa-Welt und daran kommt auch das viele Jahre später entstanden Intro der „Fools Ouvertrure“ von SUPERTRAMP (das es ohne „Number Nine“ so wohl auch nie gegeben hätte) heran. Noch heute ist es ein Erlebnis, wenn ich den Titel anhöre und ich darf behaupten, daß er auch mich so beeindruckt hat, daß ich mir in meiner Electronic-Folk-Zeit in den späten Siebzigern gerne ähnlich geartete Klangcollagen ausdachte.

Doch zurück zum Thema: Das Lebensgefühl dieses turbulent-schillernden Jahres 1968 knistert in jeder einzelnen Rille dieses phänomenalen Albums, das ein musikalisches Kaeidoskop ist, von all dem, was die Kultur der jungen Menschen damals prägte. Und noch heute schüttele ich fasziniert den Kopf ob dieser widerspenstigen Mixtour aus zeitlosen Klassikern und grandios hingerotzten Songs voller Ehrlichkeit: „I'm So Tired“, das kann man nicht empfinden, das ist man. Und es ist zugleich ein unvergleichlicher Abgesang auf den 'Summer Of Love' und die darauf folgende Protest-Kultur. Was sich auch an Boggi manifestierte. Er gab kurz nach der Demo den abstrakten „Don't you know it's gonna be ... all right ... all right ... all right!“-Schlachtruf auf und widmete sich seiner Freundin Biggi, weshalb er danach oft zu spät und zudem aufgelaugt zur Probe kam. Auf unsere Bitten, das doch zukünftig nicht wieder zu machen, sagte Boggi nur grinsend: „Happiness is a warm Gun“.

1. Platte, A-Seite: "Back In The U.S.S.R." / "Dear Prudence" /"Glass Onion" / "Ob-La-Di, Ob-La-Da" / "Wild Honey Pie" / "The Continuing Story Of Bungalow Bill" / "While My Guitar Gently Weeps" / "Happiness Is A Warm Gun"
1. Platte, B-Seite: "Martha My Dear" / "I'm So Tired" / "Blackbird" / "Piggies" / "Rocky Raccoon" / "Don't Pass Me By" / "Why Don't We Do It In The Road?" / "I Will" / "Julia"

2. Platte, A-Seite: "Birthday" / "Yer Blues" / "Mother Nature's Son" / "Everybody's Got Something To Hide Except Me And My Monkey" / "Sexy Sadie" / "Helter Skelter" / "Long, Long, Long"
2. Platte, B-Seite: "Revolution" / "Honey Pie" / "Savoy Truffle" / "Cry Baby Cry" / "Revolution # 9" / "Good Night"

THE BEATLES (1968, DoLP): 12 von 5 Sternen ************
(Bitte nicht als CD kaufen; die Magie entfaltet sich nur bei einem Vinyl-Exemplar!)«


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»Beggars Opera gehörten zu meine Favoriten Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre. Zuhause begleitete ich sie auf meinen Keyboards mit mit meinem Gesang bei Songs wie "Time Machine", "Festival" oder "Silver Peacock" (aus dem "WOC"-Album), "Morning Day", "Requiem" oder "Get Your Dog Off Me" (aus dem gleichnamigen Album). Vor allem die Synthesizerversion des Gitarrenstücks "Classical Gas" hatte es mir angetan. (...) Ich behaupte übrigens weiterhin, dass Madonna das Intro von "Get Your Dog Off Me" für einen ihrer Songs geklaut hat.«

(ChD erzählte dies Rainer W. Sauer 2001 in den Interviews zu seiner Biografie "Mit mir war alles anders")


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»Tim Blake ist für mich der erste Beweis gewesen, dass Mittelmaß plus Kreativität plus Image auch im Musikbusiness Erfolg haben kann. Blake bekam Mitte der 1970er ein Engagement bei Pierre Moerlins Band Gong (bei der auch einmal Mike Oldfield mitwirkte), verlies Gong um sein eigenes Projekt namens Crystal Machine ins Leben zu rufen und machte dann zwei Solo-Platten, die in einzelnen musikalischen Aspekten durchaus kreativ waren, denn sie setzten romantische Gegenaspekte zu Jean Michel Jarres kühler "Oxygen"- und "Equinoxe"-Welt. Dies waren "Crystal Machine" (1977) und "Blake's New Jerusalem" (1978). Beim Song "New Jerusalem" holte er sich gar mit Jean-Phillippe Rykiel professionelle Hilfe am MiniMooog und lies ihn die Solos einspielen. Obwohl Dirk Matten vom Synthesizerstudio Bonn mir damals sagte "Der Kerl kann gar nicht richtig Keyboard spielen, das macht alles sein Helfer" bekam Blake danach ein Engagement als Keyboarder bei Hawkwind und Hawkwind ... Hallo! ... da hätte ich selbst gerne mitgespielt. "I've got a Silver Machine ... I've got a Silver Machine ... I've got a Silver Machine"". Blakes Unbedarftheit hat mich damals inspiriert, selbst live Elektromusik zu spielen und ich wollte auch unbedingt so einen EMS Sythi haben, wie Tim Blake, was dann 1980 ja klappte. Den Song "New Jerusalem" halte ich auch heute noch für außergewöhnlich gelungen.«

(ChD erzählte dies Rainer W. Sauer 2001 in den Interviews zu seiner Biografie "Mit mir war alles anders")


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»David Bowie, mein Held! Major Tom, Ziggy Stardust, Thin White Duke in einer Person verkörpert. Den Thin White Duke in Aktion sieht man übrigens auf dem Cover von "David Live", meinem Lieblingsalbum von Bowie nach "The Man Who Sold The World". Subjektiv betrachtet denke ich, dass er in den Touren danach niemals wieder die Magie dieser Titelabfolge erreicht hat, die ich damals auswendig lernte und bis heute kann: 1A "1984 / Rebel Rebel / Monage Daydream / Sweet Thing" / 1B "Ch-Ch-Ch-Changes / Suffragette City / Aladdin Sane / All The Young Dudes / Cracked Actor" / 2A "Rock 'n' Roll With Me / Watch The Man / Knock On Wood / Diamond Dogs" / 2B "Big Brother / The Width Of A Circle / The Jean Genie / Rock 'n' Roll Suicide". Leider war "Live On Mars?" nicht auf dem Live-Album, aber dafür hörte ich mir die Single immer und immer wieder an und dirigierte in meinem Zimmer (wenn niemand zuschaute) die grandiose "Live On Mars?"-Schluss-Sequenz. Das war 1973, das Live-Album folgte 1974.

(...) Als ich 1976 nach Berlin fuhr um Brain One zu treffen, der damals gerade dort mit Bowie im Studio war, und ihn auch traf (wie "V-2 Schneider" bis heute belegt) konnte ich nicht ahnen, dass beide an Soundsets arbeiteten, die die Kälte einer New Wave von Gary Numan und Anderen um Jahre vorwegnahmen. "Warzawa", ich sage nur "Warzawa". Aber "Low" macht für mich nicht nur dieser eine Song aus. Auch "Sound And Vision" ist grandios, oder "Speed Of Life", oder "Always Crashing In The Same Car". (...) "Low" gehört deshalb neben "David Live", "The Man Who Sold The World", "Heroes" und "Scary Monsters" zu meinen fünf Lieblingsalben von DB.«

(ChD erzählte dies Rainer W. Sauer 2001 in den Interviews zu seiner Biografie "Mit mir war alles anders")


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»Was soll ich zu Kätchen Busch sagen? Wenn eine Frau besser Keyboard spielen kann, als ich, dann zolle ich sowieso Respekt. Aber: was hatte diese Frau für ein Debut hingelegt damals. Catherine Bush ist jünger als ich und haut dann 1978 so ein Album raus, an dem sie schon zweieinhalb Jahre lang mit David Gilmour von Pink Floyd gebastelt hatte: "The Kick Inside". Ich sah sie in Bios Bahnhof und es war um mich geschehen. Zwar heiratet ich später Sabine, aber in diesem Sommer, kurz bevor ich Sabine traf, war ich in Kätchen verknallt ... so was kann man ja mal zugeben. Ist sowieso schon verjährt heute. Später hat sie dann ja Peter Gabriel bezirzt. Ich habe sie übrigens niemals persönlich getroffen. Aus Selbstschutz, denn ich hätte danach für nichts garantieren können. "... uuuh, Babooshka, Babooshka, Babooshka .... ohohoho ..." - Ach so: natürlich ist auch das Album unglaublich. Sofort anhören!«

(ChD erzählte dies Rainer W. Sauer 2001 in den Interviews zu seiner Biografie "Mit mir war alles anders")

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